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Wenn Landwirtschaftsrecht und Geistiges Eigentum im Caquelon miteinander verschmelzen
Traditionelle Spezialitäten wie Käse können durch eine geschützte Ursprungsbezeichnung (AOP) geschützt werden. Ein so geschützter Name darf nur von Produzentinnen und Produzenten des definierten Ursprungsgebiets genutzt werden, die ein detailliertes Pflichtenheft einhalten. Zur aktuellen Fondue-Saison haben wir in eines reingeschnuppert.
Es wird wieder gerührt: Fondue ist ein Symbol für Geselligkeit und Schweizer Kulinarik. Sein Hauptbestandteil: Käse. Aber auch ein Stück geistiges Eigentum. Denn Käsespezialitäten können über Herkunftsangaben wie «AOP» oder «IGP» geschützt werden. Im Caquelon verschmelzen damit Landwirtschaftsrecht und Immaterialgüterrecht – quasi «moitié-moitié».
Nicht jeder Käse, der im Caquelon landet, hat eine geschützte Herkunftsangabe. Aber einige bekannte schon: Zwölf Schweizer Käsespezialitäten tragen aktuell die AOP-Bezeichnung, darunter Gruyère AOP, Emmentaler AOP, Sbrinz AOP, Vacherin Mont-d’Or AOP und Formaggio d’alpe ticinese AOP.
«AOP» kurz erklärt
Geschützte Ursprungsbezeichnungen (GUB, oft bekannter in der französischen Abkürzung AOP für Appellation d’Origine Protégée) sind speziell geschützte, in einem Register des Bundesamtes für Landwirtschaft eingetragene Herkunftsangaben. Sie schützen Erzeugnisse aus einem genau definierten geografischen Gebiet, die nach traditionellen örtlichen Verfahren hergestellt werden und die ihre Qualität oder ihre typischen Eigenschaften überwiegend oder ausschliesslich den geografischen Verhältnissen ihres Herkunftsortes verdanken.
Produzentinnen und Produzenten, die das Herkunftszeichen nutzen möchten, müssen die Herkunfts-, Verfahrens- und Qualitätsbestimmungen des entsprechenden Pflichtenhefts einhalten. Diese sind umfangreich und detailliert – und durchaus auch für Käseliebhaberinnen und -liebhaber interessant.
Werfen wir zum Beispiel einen Blick in das Pflichtenheft des «Gruyère AOP». Dieser Hartkäse ist für Fonduemischungen beliebt, bei der Fondue-WM 2025 in Tartegnin mussten sich gar alle Mischungen aus mindestens 50 % Gruyère AOP zusammensetzen. Ein Gruyère AOP wurde ausserdem bei den World Cheese Awards 2025 zum Meister gekürt.
Die Herkunft dieses Käses ist auf die Kantone Freiburg, Waadt, Neuenburg und Jura sowie gewisse Gemeinden des Kantons Bern beschränkt. Zu den «physikalischen und organoleptischen Merkmalen» gehört, dass der Gruyère AOP «ein runder Laib mit geschmierter, körniger, einheitlich bräunlicher und gesunder Rinde ist»: 9,5 bis 12 cm hoch, 25 bis 40 kg schwer. «Löcher sind erwünscht, aber nicht unerlässlich.»
Beim Geschmack dominieren «neben dem mehr oder weniger salzigen Grundton fruchtige Geschmacksrichtungen, die aus dem Zusammenspiel zwischen Milchsäuregärung und Schmiere entstehen», wobei «der Geschmack je nach Terroir variieren kann».
Fett-, Wasser- und Salzgehalt sind genauso geregelt wie was dem Milchvieh genau gefüttert werden darf. Wachstumsförderer, Hormone und ähnliche Produkte sind verboten. Ausserdem erfahren wir, dass die Milch in offenen Kupferkessi von höchstens 6 600 Litern Fassungsvermögen verarbeitet wird und die Laibe zur Reifung im 12 bis 18° C frischen Keller «auf rohe, ungehobelte Fichtenholzgestelle «picea abies» (Gemeine Fichte) gelegt werden.»
AOP – Für Genuss, bei dem garantiert nichts stinkt
Das Einhalten der Pflichtenhefte wird von unabhängigen Zertifizierungsstellen überwacht. Als Lohn für ihre Anstrengungen profitieren die Produzentinnen und Produzenten von einem starken, offiziellen Kennzeichen und damit verbundenen Wettbewerbsvorteilen. Die Konsumentinnen und Konsumenten ihrerseits erhalten garantierte Qualität und kulinarische Sicherheit.
Wem das «Gluscht» auf mehr macht: Weitere Informationen zu AOP sowie die Pflichtenhefte zu allen zwölf AOP-Käsen finden Sie auf der Website des Bundesamtes für Landwirtschaft.
Die zwölf Schweizer Käsespezialitäten mit einer AOP im Überblick
> Berner Alpkäse / Berner Hobelkäse AOP
> Werdenberger Sauerkäse, Liechtensteiner Sauerkäse und Bloderkäse (Sauerkäse/Bloderkäse) AOP
> Tête de Moine / Tête de Moine, Fromage de Bellelay AOP
> Vacherin fribourgeois AOP
> Vacherin Mont-d’Or AOP
Herkunftsangaben kurz erklärt
Wie mit Marken werden auch mit Herkunftsangaben Waren und Dienstleistungen voneinander unterschieden, jedoch nicht nach der Herstellerin oder dem Hersteller, sondern nach ihrer geografischen Herkunft.
Herkunftsangaben gibt es in verschiedenen Formen:
Einfache Herkunftsangaben
Einfache Bezeichnungen mit Herkunftsbezug, wie z. B. «Schweizer Möbel» oder «Erdbeeren aus dem Seeland», können verwendet werden, wenn die Waren und Dienstleistungen tatsächlich aus dem geografischen Gebiet stammen. Wer die Schweizer Herkunft bewerben will, muss die gesetzlichen Herkunftskriterien erfüllen.
Eine direkte Herkunftsangabe wäre z. B. «Schweizer Käse», eine indirekte «Käse Wilhelm Tell».
Qualifizierte Herkunftsangaben
Geschützte Ursprungsbezeichnungen (GUB bzw. AOP in Französisch) und geschützte geografische Angaben (GGA bzw. IGP in Französisch) sind speziell geschützte, in einem Register eingetragene Herkunftsangaben. Die damit bezeichneten Erzeugnisse müssen die Voraussetzungen eines detaillierten Pflichtenhefts erfüllen. Das Bundesamt für Landwirtschaft führt das Register für landwirtschaftliche Erzeugnisse, das IGE dasjenige für nicht landwirtschaftliche Produkte.
Für AOP-Produkte müssen sämtliche Produktionsschritte in einem anerkannten Verfahren in einem genau definierten geografischen Gebiet stattfinden, für IGP-Produkte mindestens ein Schritt des Produktionsverfahrens, in der Regel die Verarbeitung. Zu den Schweizer IGP zählen bislang vor allem Fleischspezialitäten.
Geografische Marken
GUB/AOP und GGA/IGP können beim IGE zusätzlich als geografische Marken eingetragen werden, was die Durchsetzung des Schutzes im Ausland erleichtert.