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«Der Patentschutz war entscheidend für meine Firma»

Jutta Jertrum hat einen Rohrreinigungsstab erfunden. Aus einer spontanen Problemlösung entwickelte sie ein Unternehmen – getragen von Mut, Ausdauer und dem Schutz geistigen Eigentums.

Jutta Jertrum: «Wer kann schon von sich sagen, dass er ein Patent hat?» Copyright: TwistOut

Alles begann mit einem verstopften Duschabfluss. «Ich war genervt und wollte keine Chemie mehr verwenden», erinnert sie sich. Die Idee: ein spiralförmig gefräster Buchenholzstab, der mit einer Drehbewegung Haare aus dem Abfluss holt. Beim Schreiner und Drechsler entstanden erste Prototypen, und die erste Zeichnung hängt heute noch in ihrem Büro – ein stilles Andenken an die Anfänge.

Nach Tests in der Familie wuchs der Gedanke, mehr daraus zu machen. Ihre Eltern waren begeistert, ihre Schwester probierte den Stab sofort aus und rief: „Super Idee, mach was draus!“ Ausschlaggebend war jedoch eine Reise nach Prag, als im Hotel erneut der Abfluss verstopft war. Da war ihr klar: Die Lösung hat Potenzial.

 

«Mein Patent schützt mich»

Ihre Mutter riet zur Patentanmeldung, der Vater meinte: «Dann machst du halt mal einen Urlaub weniger.» Aus einer handschriftlichen A4-Skizze entstanden beim Patentanwalt 30 Seiten Patentschrift. Die Anmeldung erfolgt zuerst in der Schweiz und wird danach über das Europäische Patentamt ausgedehnt. Als sie ihr Patent erstmals in der öffentlichen Datenbank sah, war sie «wahnsinnig stolz».

Das Produkt sei einfach und leicht zu kopieren, «aber mein Patent schützt mich. Ohne Schutz hast du es am Markt schwer. Der ist ein Haifischbecken.» Mehrfach verbesserte sich ihre Verhandlungsposition, sobald klar war: Das Produkt ist patentiert. Schon vor der Patenterteilung kennzeichnete sie es mit «Patent Pending», um Nachahmer abzuschrecken. Sie hatte erlebt, wie ungeschützte Ideen kopiert wurden.

Auch die Marke «TwistOut» liess sie international eintragen – sogar als dreidimensionale Formmarke. Als jemand unter gleichem Namen ein anderes Produkt vertreiben wollte, genügte ein Schreiben. „Wenn du eine Marke aufbauen willst, musst du sie schützen.»

 
 

Der Beginn des Start-ups

2017 gründete sie ihre Firma. «Lieber probieren und scheitern, als es nicht wagen», sagt sich Jertrum. Sie setzte sich ein finanzielles und zeitliches Limit, verzichtete zwei Jahre lang auf Lohn und brachte sich Vertrieb, Buchhaltung, Logistik und Marketing selbst bei. «Ich habe alles zum ersten Mal gemacht – oft durch Fragen, Googeln und Ausprobieren», sagt sie.

Ein Einzelhändler in Rapperswil nahm die ersten zehn Stäbe ins Sortiment – mit Rückgabegarantie. In der TV-Sendung ‘Die Höhle der Löwen’ gewann sie vier Investoren. Der Deal kam zwar nicht zustande, doch der Auftritt brachte Aufmerksamkeit von Händlern wie dm. «Wenn ein Einkäufer eines solchen Unternehmens sagt, dass du ein cooles Produkt hast, ist das ein enormer Motivationsschub», erinnert sie sich. Inzwischen hat sich auch ein grosser Schweizer Händler gemeldet.

Sie verdiene keine Millionen, aber habe etwas, das ihr gehöre. „Vielleicht erzählen meine Enkel eines Tages: ‚Das hat meine Oma erfunden.‘ Wer kann schon sagen, dass er ein Patent hat?“

 
 

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