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«Geistiges Eigentum ist aus ökonomischer Sicht extrem spannend»

Nach seinem Bachelor in Volkswirtschaftslehre hat Julian Loosli beim IGE in der Abteilung Recht und Internationales ein sechsmonatiges Praktikum absolviert. Er hat dabei das Team Ökonomie bei seiner täglichen Arbeit unterstützt. Im Interview gibt er einen Einblick in die Aufgaben der Stabsstelle Ökonomie und erklärt, wie das Praktikum seine weitere Laufbahn beeinflusst hat.

Julian Loosli und sein Betreuer Hansueli Stamm, Leiter Ökonomie
Julian Loosli (links) und sein Betreuer Hansueli Stamm, Leiter Ökonomie. Foto: IGE
 

Julian, wieso hast du dich beim IGE für einen Praktikumsplatz beworben?

Nach einem ersten Praktikum im Management suchte ich ein Praktikum, das volkswirtschaftliche Themen beinhaltet, da ich Volkswirtschaftslehre (VWL) studiere und später in diesem Bereich arbeiten möchte. Konkret interessierte mich der Bereich Wirtschaftspolitik, in dem ich auch meine Bachelorarbeit verfasste. Und beim Immaterialgüterrecht geht es um Wirtschaftspolitik, da mit den Rechten an Erfindungen und kreativen Werken ein Marktversagen behoben und Innovation gefördert wird. Das Praktikum beim IGE entsprach somit genau meinen Wünschen.

 

In der Abteilung Recht und Internationales arbeiten mehrheitlich Juristinnen und Juristen. Was machen die Ökonomen im IGE genau?

Die Themen sind sehr vielfältig. Wir untersuchen vor allem den Einfluss von aktuellen wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf die Schutzrechte und prüfen, ob diese noch angemessen sind. Denn das System des geistigen Eigentums muss zum einen Erfindungen und kreative Werke schützen, es darf den Schutz aber nicht zu stark werden lassen. Das würde die Innovation hemmen. Diese Untersuchungen machen wir entweder im Rahmen von Gesetzgebungsprozessen, um z. B. die Folgen von Gesetzesrevisionen zu evaluieren, oder proaktiv als Reaktion auf die erwähnten Entwicklungen.

 

Hast du ein konkretes Beispiel?

Ein hochaktuelles Thema ist die künstliche Intelligenz (KI). Dieses Thema habe ich für meine Abschlussarbeit beim IGE näher untersucht.

 

Der Einsatz künstlicher Intelligenz macht z. B. das Erstellen kreativer Werke einfacher und billiger: Ich kann einen Comic zeichnen, ohne malen zu können oder Musik mixen, ohne Soundtechniker zu sein. Das ist einerseits positiv, wirft aber auch viele Fragen auf: Soll z. B. ein «KI-Werk» den gleichen Schutz geniessen wie ein von Hand gezeichnetes? Wenn ja, würde das einen starken wirtschaftlichen Anreiz setzen, künstliche Intelligenz weiterzuentwickeln. Aber würden dadurch nicht Künstlerinnen und Kreative benachteiligt, weil sie höhere Kosten haben? Was wäre die beste Lösung? Solchen wirtschaftspolitischen Fragen gehen wir auf den Grund und präsentieren der Politik Handlungsoptionen.

 

Welche Aufgaben wurden dir neben der KI-Studie sonst noch anvertraut?

Neben KI habe ich auch die aktuelle Literatur und wissenschaftliche Diskussion zu den Themen Medienökonomie, Wettbewerbspolitik, Geschäftsgeheimnisse und Data-Sharing zusammengefasst und auf ihre Relevanz für das System des geistigen Eigentums untersucht. Ausserdem half ich bei den Vorbereitungen für Sitzungen an der Welthandelsorganisation mit, aktualisierte interne Informationsquellen und Statistiken, las Texte gegen und prüfte neue Studien, Nachrichten und Ämterkonsultationen auf ihre Relevanz für das IGE. Die Arbeiten waren sehr vielfältig.

 
 

Was hat dir an deinem Praktikum und am IGE besonders gut gefallen?

Das Team hat mich in alle relevanten Aufgaben miteinbezogen und ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit sowohl für das Team wie das IGE wertvoll war.

 

Aussergewöhnlich war auch, dass ich an diversen Sitzungen mit anderen Akteuren der Bundesverwaltung teilnehmen und ausserdem die Delegation des IGE an ein eintägiges Treffen bei der Welthandelsorganisation (WTO) begleiten konnte. Diese Einblicke waren für mich sehr wertvoll, weil ich dabei hinter die Kulissen diverser anderer Jobs und Institutionen schauen konnte. Sie halfen mir beim Auskristallisieren meines Berufswunsches und waren massgeblich für meine Entscheidung, einen Master in internationaler Ökonomie zu machen. Dieser Entscheid wurde auch durch Einblicke in die Arbeit anderer Teams in der Abteilung Recht & Internationales geprägt, notabene dem Team für internationale Handelsbeziehungen. Solche Einblicke wurden immer gefördert.

 

Schlussendlich konnte ich mich mit sehr spannenden Themen beschäftigen, was mich sehr motivierte. Geistiges Eigentum betrifft mehr Bereiche, als man denkt, und es ist aus ökonomischer (aber auch moralischer und ethischer) Sicht extrem spannend.

 

Was folgt nach deiner Zeit beim IGE?

Ich werde ab September in Genf am Institut des hautes études internationales et du développement (IHEID) einen zweijährigen Master in internationaler Ökonomie machen. Davor reise ich für drei Monate durch Indien.

 
 

In seiner Freizeit reist Julian gerne, macht viel Sport und ist gerne in der Natur unterwegs – und dies am liebsten mit seinen Freundinnen und Freunden, welche ihm sehr wichtig sind.

 

Vielen Dank für das Gespräch Julian!

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