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«Schweizer Start-ups bieten konkrete Lösungen zur Reduzierung des CO2-Ausstosses»

Eric Plan von der Schweizer Organisation CleantechAlps betont im Interview die wichtige Rolle von Patenten, um bei Investitionen in saubere Technologien die Risiken zu verringern. Schutzrechte setzen ein starkes Zeichen für Investoren. Sie erhöhen die Glaubwürdigkeit und zeugen von Innovationspotenzial.

Eric Plan ist Geschäftsführer von Cleantech Alps. Bild: zVg.

CleantechAlps hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Westschweiz als Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit und saubere Technologien zu positionieren. Seit über 15 Jahren baut man im gesamten Innovations-Ökosystem starke Netzwerke auf und nutzt diese, um wichtige Wirtschaftsakteure miteinander zu verbinden. Das Ziel ist es, regionales Know-how zu fördern und die Verbreitung von Fachwissen über Cleantech voranzutreiben, das den Übergang zu Netto-Null unterstützt.

 

Welche Rolle spielen Schutzrechte bei Schweizer Cleantech-Innovationen?

Patente spielen eine zentrale Rolle bei der Verringerung des mit sauberen Technologien verbundenen Investitionsrisikos. Sie signalisieren Investoren Glaubwürdigkeit und Innovationspotenzial, indem sie zeigen, dass ein Unternehmen über eine einzigartige und schutzfähige Technologie verfügt. Dies ist besonders wichtig in der Cleantech-Branche, in der Neuentwicklungen zeit- und kostenintensiv sind. Eine gute Schutzrechtsstrategie fördert die langfristige Forschung und Entwicklung. Sie hilft Unternehmen nicht nur ihren Marktanteil zu schützen, sondern auch strategische Partnerschaften in einem hart umkämpften globalen Umfeld zu sichern.

 

Wie innovativ ist die Schweiz, wenn es um Nachhaltigkeit geht?

Nachhaltige Innovation ist zwar schwer zu definieren, aber die Schweiz bringt rund um die Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit eindeutig die besten Innovationen hervor. Zahlreiche internationale Rankings bestätigen dies. Das Cleantech-Ökosystem ist äusserst dynamisch: Die von Schweizer Start-ups entwickelten Technologien bieten konkrete Lösungen zur Reduzierung des CO2-Ausstosses. Heute werden jedes Jahr rund 50 Cleantech-Start-ups gegründet – doppelt so viele wie 2017 und dreimal so viele wie vor zehn Jahren.

 

In welchen Bereichen sind Schweizer Start-ups bzw. KMU besonders stark? Wo können sie sich noch steigern?

Schweizer Unternehmen zeichnen sich durch die Entwicklung und Vermarktung komplexer, hochpräziser und hochwertiger Lösungen aus. Daher gibt es in unserem Land viele «Hidden Champions» wie Studer Innotec, Membratec und Romag. Zu den starken Trends gehört die Integration von Mikrosystemen und Robotik mit KI, insbesondere im Einsatz für Energie und Umwelt. In den letzten fünf Jahren gehörten Speicher- und Agrartechnologien, neue Werkstoffe und nachhaltige Chemie zu den aufstrebenden Bereichen.

Schweizer Unternehmen müssen jedoch ihre Skalierungsphase stärken – ein wesentlicher Schritt vor dem Erreichen von Massenmärkten und der Internationalisierung. Die Vermarktung verläuft immer noch zu langsam, und eine stärkere Abstimmung zwischen den Stakeholdern, einschliesslich des Finanzsektors, wäre von Vorteil. Als kleines Land verfügt die Schweiz über die notwendige Agilität, aber dieses Potenzial sollte besser genutzt werden.

 

Nachhaltige Innovation am Beispiel Neustark

Die Neustark AG aus Bern hat eine Technologie entwickelt, mit der CO₂ dauerhaft in mineralischen Abfallströmen wie Abbruchbeton gespeichert wird. Das CO₂ stammt aus Biogasanlagen, wo es als Nebenprodukt entsteht. Recyclingbetriebe kaufen die Technologie von Neustark und können in ihren Anlagen damit CO₂ in ihrem Material binden – so wird verhindert, dass es in die Atmosphäre gelangt. Jede dauerhaft gespeicherte Tonne CO₂ generiert ein Zertifikat, das entweder mit dem Baustoff verkauft werden kann oder an Drittparteien, welche diese brauchen, um ihre ambitionierten Klimaziele zu erreichen. «Für uns geht es nicht nur um Technologie, sondern auch darum, aktiv CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernen und einen echten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten», betont Elmar Vatter, Projektleiter bei Neustark.

Der Schutz des Geistigen Eigentums ist ein wichtiger Baustein, um das Geschäftsmodell langfristig abzusichern. Der gesamte Prozess – von der CO₂-Quelle über die Speicherung bis zur Zertifikatgenerierung – ist komplex. Das schafft bereits einen natürlichen Schutz vor Nachahmern. Zusätzlich hat man die selbst entwickelten Technologien patentiert, etwa Komponenten zur sicheren CO₂-Speicherung in Silos. Patente sind auch ein Faktor bei der Investorensuche: «Geldgeber wollen sicher sein, dass die Innovation geschützt ist und nachhaltige Wettbewerbsvorteile bietet», sagt Elmar Vatter. Auch Markenrechte spielen eine Rolle, da sie die Identität des Unternehmens schützen.

 

Neustark präsentierte ihre Technologie und IP-Strategie am 4. September 2025 am Innovationsforum IF.14 des IGE. Dieses war Teil des Swiss Green Economy Symposium in Winterthur, welches das IGE unterstützt.

 

Wenn Sie das Jahr 2010 mit heute vergleichen, was sind die grössten Veränderungen bei den Schweizer Cleantech-Innovationen?

Um 2010 herum entstand etwa ein Cleantech-Start-up pro Monat; heute ist es mindestens eines pro Woche. Das Investitionsvolumen ist von einigen Millionen Schweizer Franken auf rund 500 Millionen pro Jahr gestiegen und erreichte im Jahr 2022 mit einer Milliarde einen Höhepunkt. Die Technologien sind auch deutlich ausgereifter – viele Unternehmen bieten mittlerweile Produkte an, die den höchsten Technologiereifegrad (Technology Readiness Level – TRL9) erreichen.

Auch die Support-Landschaft hat sich weiterentwickelt. Nach einer Zeit mit vielen öffentlichen und privaten Initiativen hat sich das Ökosystem konsolidiert, und heute gibt es noch drei Hauptakteure: CleantechAlps für den heimischen Markt, Switzerland Global Enterprise (S-GE) für den globalen Markt und swisscleantech für regulatorische Fragen.

 

In 15 Jahren haben Sie zweifellos viele Start-ups kennengelernt. Welche davon haben Sie am meisten beeindruckt?

In den letzten 15 Jahren sind mehr als 600 Unternehmen gegründet worden. Was mich am meisten beeindruckt hat, ist die Leidenschaft, die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der Gründer, die sich in einem sich ständig verändernden Umfeld bewegen. Zu den herausragenden Unternehmen gehören Pioniere bei pflanzlichen Produkten wie Planted Foods und Fabas, Agrartechnologie-Innovatoren wie Ecorobotix und Insolight sowie Mobilitätsdienstleister wie Softcar, Mobyfly, H55 und Dufour Aerospace, die disruptive Technologien anbieten. Im Bereich der CO2-Reduzierung sind Climeworks und Neustark bemerkenswert, während im Bereich der Werkstoffe Bcomp und CompPair zeigen, wie biobasierte und reparierbare Verbundstoffe traditionelle Industrien umgestalten können.

 

Swiss Green Economy Forum (SGES) 2026 wieder mit IGE-Beteiligung

Das IGE wird auch 2026 mit einem Innovationsforum zum Thema Geistiges Eigentum und nachhaltige Entwicklung am SGES (1-4.9.2026) teilnehmen (Datum für das IGE-Programm steht noch nicht fest). Die vergangenen Ausgaben haben gezeigt, dass ein bewusster Umgang mit Geistigem Eigentum gerade auch nachhaltige Innovationen fördert. Mehr zum Thema erfahren Sie auf folgender Seite: www.ige.ch/nachhaltigkeit

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