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Der geschickte Zugriff auf unser Markengedächtnis

Das legendäre Schweizer Skidress mit den Käselöchern rückt durch eine Markenanmeldung plötzlich wieder in den Mittelpunkt. Das Beispiel zeigt exemplarisch, wie sich ein Identitätsmerkmal als Marke im Kopf festsetzen kann.

Der Skidress der Schweizer Nationalmannschaft steht wieder in den Schlagzeilen. Bild: Imago

Identitätsmerkmale sind wertvoll und gilt es zu schützen. Alle Markenführenden versuchen deshalb möglichst viele positive Assoziationen bei den Abnehmenden zu schaffen. Diese entstehen durch das Bestimmen einer spezifischen Markenidentität. Dazu gehört die Wahl eines passenden Markennamens und entsprechender Kommunikationsmassnahmen. Die Abnehmenden bekommen auf diese Weise die Möglichkeit, sich die Marke mit der Zeit einzuprägen.

 

Marken, welche es geschafft haben, sich im Kopf der Konsumentinnen und Konsumenten zu verankern, profitieren auch Jahre später noch von einem unschätzbaren Bonus. Der Mensch besitzt nämlich ein ausgeprägtes Markengedächtnis. Er erinnert sich jahrelang an Botschaften, spezielle Designs oder Ausstattungen.

 

Markenidentität im Skisport

Schweizer Skistars kämpfen wieder um Zehntel- und Hundertstelsekunden, mit dem Ziel, den Weltmeistertitel zu erringen oder eine Medaille zu gewinnen. Unterstützt werden sie dabei durch die neuesten Errungenschaften der Sportindustrie. Doch wer weiss, wie der Aufbau im Innern des Siegerskis aussieht oder aus welchen Fasern das Skidress des Siegers besteht? Es gehört zur Tradition, dass jede Rennfahrerin und jeder Rennfahrer der Kamera im Ziel mit letzter Kraft die Skispitze mit dem Herstellerlogo vor die Linse drücken. Besonders schnelle Skifahrerinnen und Skifahrer tätscheln oder küssen bisweilen sogar die eiskalten Latten, die den Skisport bedeuten.

 

Gewisse Skimarken versuchen zudem, die Ski ihrer Rennserie mit immer gleicher Abkürzung in der Art eines Gütesiegels bei den Abnehmenden ins Gedächtnis zu rücken. Mit Markenbezeichnungen wie «RC4», «Racetiger» oder «Laser» lässt sich viel Geld verdienen, indem den Hobbyskifahrenden suggeriert wird, er oder sie fahre nun wie ein Skistar. Bei all diesen Produktplatzierungen geht meist das Skidress vergessen.

 

Den «Käse-Dress» kennen alle

Eine Ausnahme bildet das legendäre «Käse-Dress» der Schweizer Skinationalmannschaft. Während sechs Jahren rasten beliebte Skistars wie Didier Cuche im käsegelben Dress über die Weltcuppisten und errangen Siege. An den Olympischen Spielen 1994 wurde das Dress vom Magazin «Times» sogar als die originellste Bekleidung aller Nationen ausgezeichnet. Mit den Änderungen der Hauptsponsoren des Skiverbandes änderten aber auch die Designs der Renndresses.

 
 

Wird das Käseloch zur Bildmarke?

Im Jahr 2021 wird das Käsedress-Design offensichtlich wiederentdeckt. Das Consortium Emmentaler AOP hat seit 19. Januar 2021 die Bildmarke des Käsedesigns angemeldet (851/2021).

 

Die Marke wurde nicht nur für Käse, sondern auch für Sportbekleidungen angemeldet. Offensichtlich appelliert das Consortium Emmentaler an das Markengedächtnis und versucht von den positiven Emotionen der Erfolge zu profitieren, die in diesem Design erzielt wurden. Um sich gegen Nachahmer zu schützen, überlässt das Consortium nun nichts mehr dem Zufall und versucht sich mittels einer Marke das Monopol an der Gestaltung in den angemeldeten Bereichen zu sichern. Dies beweist, wie wichtig es in der heutigen Zeit ist, erarbeitete Identifikationsmerkmale auch rechtlich zu schützen. In den gesättigten Märkten von heute sind unverkennbare Alleinstellungsmerkmale ein äusserst wertvolles Gut, das nur mit sehr grossem finanziellen Aufwand erreicht werden kann. Der Rückgriff auf das Markengedächtnis erscheint unter diesem Aspekt als geschickter Schachzug.

 

Ob wieder vermehrt vermeintliche Käsevertreter die Skipisten bevölkern oder doch bloss Emmentaler in eigenständiger Verpackung angeboten werden, wird die Zukunft weisen. Das Bestreben, die eigenen Alleinstellungsmerkmale rechtlich zu sichern, ist aber in jedem Fall ein guter Ratschlag.

 
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