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Erfinderin lässt Lehrbücher alt aussehen

Die Chemikerin Regine Schneider stört, dass sich in vielen Seifen Palmöl befindet. Sie sucht nach einem Ersatz. In den französischen Alpen fällt sie den Entscheid, ein Startup zu gründen. Es beginnen intensive Monate im Labor. Sie handelt entgegen allen Lehrbüchern – mit Erfolg. Ein Porträt zum heutigen World IP Day mit dem Thema IP and Women.

«Aufgeben war für mich nie ein Thema»: Erfindern Regine Schneider mit einem ihrer Seifenprodukte ohne Palmöl. Copyright: IGE

Beim Händewaschen, Duschen oder dem Waschgang für die Kleider – die Welt ist voller Wasch- und Reinigungsmittel. Jede Seife benötigt nach gängiger Chemielehre eine Ölkomponente. Lange war Erdöl die erste Wahl, seit den 1970er-Jahren kommt Palmöl zum Einsatz.

Die studierte Chemikerin Schneider möchte das ändern. Sie hängt ihren Job in der Chemieindustrie an den Nagel, wo sie über zehn Jahre mit Inhaltsstoffen für Wasch-und Reinigungsmittel zu tun hatte. «Auf einer kilometerweiten Plantage habe ich erlebt, wie viel Platz der enorme Bedarf an Palmöl kostet. Wo früher der Regenwald war, stand jetzt eine Palme nach der anderen», erinnert sich Regine Schneider.

 

Das stimmt sie nachdenklich. Aber untätig bleiben will sie auch nicht. «Ich spürte, dass ich etwas unternehmen muss». Das ist 2011, die Geburtsstunde des Schweizer Unternehmens Good Soaps. Ziel ist es, Reinigungsprodukte auf pflanzlicher Basis aber ohne Palmöl herzustellen. «Gegen Palmöl spricht viel. Die Plantagen schaden der Biodiversität und dem Klimaschutz, weil der Anbau viel CO2 freisetzt. Durch die Abholzung fehlen zudem die Regenwälder als natürliche Klimaanlage und CO2 Speicher. Die verwendeten Mengen an Palmöl in der Industrie sind enorm. Man muss diese Kette unterbrechen», sagt die Erfinderin.

 

Anders gedacht und gewonnen

Bei den Versuchen im Labor setzt sie auf heimische Pflanzen und arbeitet damit gegen alle Lehrbücher und gängigen Produkte. Pflanzenbasierte Wasch- und Reinigungsmittel ohne Palmöl – das geht nicht. Bis Regine Schneider das Gegenteil beweist. «Ich fing bei null an und konnte mich zum Glück mit einem Sparringpartner austauschen». Sie beisst sich durch und erste Erfolge bestätigen sie in ihrer Arbeit. «Mich motivierte, dass ich einen entscheidenden Beitrag zum Klimaschutz leisten kann». Rund zwei Jahre dauerte es von der Firmengründung bis die ersten Produkte auf dem Markt erschienen. Laut Schneider eignen sich europäische Pflanzenöle genauso gut wie Palm- oder Mineralöl, reisen dafür aber nicht um die halbe Welt.

 

Das Patent

Regine Schneider meldet die Erfindung zum Patentschutz an. «Ich hatte etwas grundlegend Neues geschaffen, das entgegen der gängigen Lehre funktionierte. Mit der Anmeldung wollte ich mein Wissen festhalten und schützen», sagt die Startup-Gründerin. Insbesondere für junge Unternehmen sei ein Patent sehr wichtig, um die Erfindung zu schützen, aber auch um Aufmerksamkeit zu erhalten. «Man engagiert sich stark für seine Erfindung und möchte am Ende auch, dass etwas dabei herausschaut». Die Konkurrenz schaue schliesslich sehr genau hin.

 

Vor der Anmeldung erhielt sie in der Begleiteten Patentrecherche des IGE die Gewissheit, dass ihre Erfindung neu ist. Die Suche mit dem Patentexperten in den Datenbanken war auch inspirierend. «Ich habe viel gelernt und noch einmal andere Möglichkeiten ausprobiert».

 
 

Der Kampf ums Patent

Ein Mitbewerber schaute tatsächlich sehr genau auf die Erfindung von Regine Schneider. Er stellt das Patent in Frage. Bereits beim Prüfungsverfahren kommt es zu mehreren Einwendungen. «Es wurde massiv Druck ausgeübt», erinnert sich die Erfinderin. Der Streit gipfelt in einer Patentklage. Darin wird behauptet, dass es sich nicht um ihre Erfindung handelt. Der Fall landet nicht nur in den Medien, sondern schliesslich vor dem Bundespatentgericht. Dort bekommt Regine Schneider vollumfänglich Recht und eine stattliche Entschädigung.

 

«Es wurde mit aller Macht versucht, selber an die Erfindung heranzukommen. Der Fall zeigt, dass die Rechtsprechung funktioniert und wir ein starkes Patent haben. Das Schweizerische Bundespatentgericht hat zudem in seinem Urteil den Wert des Patents verdoppelt.», freut sich Regine Schneider. Nun könne man sich wieder 100% ums Geschäft kümmern und die Technologie zum Schutz des Klimas weiterentwickeln.

 

Den Weg in die Selbständigkeit bereut Regine Schneider keine Sekunde: «Ich hatte grossen Respekt vor der Gründung, das war ein Schritt aus der Komfortzone. Natürlich gab es schwierige Momente. Aber aufgeben war für mich nie ein Thema». Umweltpreise, das positive Feedback von Kunden und das grosse Interesse der Medien haben sie in ihrer Arbeit bestätigt.

 

Hinweis: Beschäftigen Sie sich mit einer Idee oder Erfindung und fragen sich, ob sie sich patentieren lässt? Finden Sie es mit einer Begleiteten Patentrecherche.

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