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Swissness drauf-Swissness drin: wer kontrolliert das eigentlich?

Die Warenwelt ist voller Produkte, welche mit dem Schweizer Kreuz um Kundschaft werben. Aber längst nicht überall ist so viel Schweiz drin, wie sich dies der Kunde erhofft und es das Gesetz vorschreibt. Was passiert eigentlich, wenn sich ein Produzent nicht an die Spielregeln hält? Über die Rolle des IGE im Kampf gegen den Missbrauch von Schweizer Herkunftsangaben.

Schweizer Fahne flattert beim IGE.
Bild: IGE

Vor einiger Zeit im Supermarkt: ein Paar begutachtet das Frühstücksflockensortiment. Die Frau wählt ein Müesli mit einem Schweizerkreuz auf der Verpackung. Ihrem Partner gegenüber begründet sie ihre Produktwahl mit dem «rotweissen Plus». Dieser studiert die Verpackung genauer und stellt fest: die Zutaten stammen vorwiegend aus dem Ausland. Rotweisser «Bschiss» statt rotweissem «Plus» also?

 

Für viele Konsumentinnen und Konsumenten im In- und Ausland steht die «Marke Schweiz» für hohe Zuverlässigkeit, Tradition, internationale Spitzenqualität und Exklusivität. Das «rotweisse Plus», wie es die Konsumentin nannte, ist durchaus wörtlich zu nehmen und bares Geld wert. Davon profitieren die Produzenten, für welche das Schweizerkreuz auf der Verpackung ein wertvolles Verkaufsargument ist. Immer mehr Unternehmen nutzen diesen Bonus – nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs auf den Weltmärkten.

 

Das (Schweizer) Kreuz mit den Trittbrettfahrern

Nicht alle nutzen das Schweizerkreuz zu Werbezwecken rechtmässig: Der Erfolg der «Marke Schweiz» ruft eine hohe Zahl von Trittbrettfahrern auf den Plan, die ein Stück vom Kuchen haben wollen. Um den Mehrwert der «Marke Schweiz» nachhaltig zu sichern, hat der Gesetzgeber deshalb vor rund zwei Jahren klare Kriterien definiert, wann ein Produkt oder eine Dienstleistung als «schweizerisch» angepriesen und mit dem Schweizer Kreuz beworben werden darf. Dazu braucht es weder eine behördliche Bewilligung noch einen Registereintrag. Produzenten, die mit der sogenannten Swissness werben wollen, müssen sich lediglich an die gesetzlichen Vorschriften halten. Für das oben erwähnte Müesli müssten demzufolge 80 % des Gewichts der verwendeten Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Dies gilt nur für Rohstoffe, die in der Schweiz grundsätzlich vorkommen und verfügbar sind. Zudem muss der wesentliche Verarbeitungsschritt für das Produkt in der Schweiz erfolgt sein.

 

Was nun aber, wenn etwas als schweizerisch schmackhaft gemacht wird, was nicht schweizerisch ist? Das Gesetz sagt: Wer eine täuschende Angabe verwendet, riskiert eine strafrechtliche Verfolgung und/oder eine Zivilklage. In einem Zivilverfahren kann der Richter anordnen, die betreffenden Produkte aus dem Verkaufsregal zu entfernen oder sie beim Zoll festzuhalten und vernichten zu lassen.

 

Pragmatisch und konstruktiv im Kampf gegen den Missbrauch

Das Gesetz gibt dem IGE die Möglichkeit, das oben beschriebene Verfahren einzuleiten und als Kläger aufzutreten. Eine eigentliche Swissness-Polizei ist das IGE aber nicht und es ist auch nicht seine Aufgabe, schweizweit zu kontrollieren. Aktiv wird das IGE beispielsweise, wenn der Zoll eine verdächtige Lieferung meldet. In solchen Fällen fordert das IGE den Importeur auf, bei seinen ausländischen Produkten auf eine Schweizer Herkunftsangabe zu verzichten.

 

Da IGE musste bis anhin keine einschneidenden Massnahmen wie Waren am Zoll anhalten, Zivilklagen oder strafrechtliche Verfolgung einleiten. Die abgemahnten Unternehmen zeigten sich durchwegs kooperativ. Sie haben auf die Intervention des IGE die nötigen Anpassungen bezüglich Verwendung der Herkunftsbezeichnung Schweiz vorgenommen. Das IGE setzt wo immer möglich auf konstruktive und pragmatische Lösungen. So musste zum Beispiel ein Hersteller, welcher auf seinen Verpackungen missbräuchlich das Schweizer Wappen verwendete, sich dazu verpflichten, die Verpackung per sofort zu ändern, durfte jedoch den Restbestand verkaufen.

 

Eine weitere Schlüsselrolle im Kampf gegen den Missbrauch von Schweizer Herkunftsangaben spielen die Branchen- und Konsumentenschutzverbände, welche ebenfalls zur Zivilklage berechtigt sind.

 

Im Ausland helfen der Blick ins Markenregister und der Dialog

In der Schweiz ist die Gesetzeslage klar und die Massnahmen gegen den Swissness-Missbrauch greifen erfolgreich. Was aber kann das IGE im Ausland tun, wo Schweizer Recht nicht anwendbar ist? Ein griffiges Instrument ist das Überwachen von nationalen Markenregistern in bestimmten Ländern. Wenn das IGE feststellt, dass eine Markenanmeldung missbräuchlich das Schweizerkreuz und/oder die Bezeichnung «Schweiz» enthält, erhebt es entweder direkt Einspruch oder es informiert die Branchenverbände darüber. Diese können ebenfalls gegen eine Markeneintragung Widerspruch erheben.

 

Zudem führt das IGE mit bestimmten Ländern einen konstanten und fruchtbaren Dialog, um im nationalen Recht des betreffenden Landes Grundlagen gegen den Missbrauch von Schweizer Herkunftsangaben zu verankern. So weist beispielsweise das chinesische Markenamt sämtliche Anmeldungen mit einem Schweizerkreuz als Markenbestandteil konsequent zurück. Damit Unternehmen, welche in China berechtigt mit Swissness werben wollen, nicht darauf verzichten müssen, können sie beim IGE eine Autorisation verlangen, welche die Eintragung der Marke in China möglich macht. Im Gegenzug verpflichten sich die Produzenten schriftlich, die Swissness-Kriterien gemäss schweizerischem Gesetz einzuhalten.

 

Echte Swissness statt Bschissness

Kürzlich im Supermarkt: ein Paar begutachtet das Frühstücksflockensortiment. Die Frau wählt ein Müesli mit einem Schweizerkreuz auf der Verpackung. Ihrem Partner gegenüber begründet sie ihre Produktwahl mit dem «rotweissen Plus». Dieser studiert die Verpackung genauer und stellt fest: die Zutaten stammen vorwiegend aus der Schweiz. Im selben Regal findet er ein praktisch identisches Müesli: mit Zutaten aus dem Ausland, keinem Schweizer Kreuz auf der Verpackung und einem entsprechend günstigeren Verkaufspreis. Die beiden können sich nun also sicher sein, dass sie effektiv erhalten, wofür sie bezahlen. Nach einer kurzen Diskussion entscheiden sie sich – für ein Brot.

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