Schweizer Entwicklerin von Krebsimpfstoffen gewinnt Europäischen Erfinderpreis

21.06.2022 | Patente

Die Schweizer Biotechnologin Madiha Derouazi hat eine bahnbrechende Methode zur Herstellung von Krebsimpfstoffen entwickelt. Dafür wurden sie und die französische Immunologin Elodie Belnoue am 21. Juni mit dem Europäischen Erfinderpreis 2022 in der Kategorie KMU geehrt.

 

Die beiden Forscherinnen haben eine neue Plattform zur Herstellung von therapeutischen Impfstoffen entwickelt. Diese ermöglicht, die Komponenten eines Impfstoffs individuell zusammenzusetzen. Ihre Impfstoffplattform könnte eine neue Ära in der Behandlung von Krebs einläuten, weil die auf dieser Plattform hergestellten Impfstoffe eine Immunreaktion auslösen, wie sie bisher noch nicht beobachtet werden konnte.

 

Starke Immunreaktion angeregt

 

Die auf diese Weise hergestellten Impfstoffe regen das Immunsystem dazu an, eine starke Immunreaktion auf die Krankheit zu erzeugen, d.h. Krebszellen im Körper des Patienten zu erkennen und zu zerstören. Andere Forscher haben bereits versucht, therapeutische Krebsimpfstoffe zu entwickeln, konnten aber entweder keine starke Immunreaktion hervorrufen oder die Impfstoffe waren nur bei wenigen Patienten wirksam.

 

Impfstoffe zur Krebsbekämpfung

 

Während viele Impfstoffe zur Vorbeugung von Krankheiten eingesetzt werden, kommen therapeutische Impfstoffe bei der Behandlung bereits ausgebrochener Krankheiten zum Einsatz. Krebserkrankungen unterdrücken häufig die körpereigene Immunreaktion. Die Aufgabe eines therapeutischen Krebsimpfstoffs besteht daher darin, die körpereigenen Abwehrmechanismen zu aktivieren und so die Krankheit zu bekämpfen.

 

Die Erfindung von Derouazi und Belnoue vereint drei wesentliche Bestandteile eines Impfstoffs in einem einzigen Protein, so dass die Plattform zur Herstellung von Impfstoffen verschiedener Krebsarten verwendet werden kann. Sie sind für den Einsatz neben Behandlungen wie Chirurgie, Chemotherapie und Strahlentherapie vorgesehen.

 

Derouazi und Belnoue nutzen nun die KISIMA-Plattform zur Herstellung ihres ersten Impfstoffs, der metastasierenden Darmkrebs behandeln soll. Der Impfstoff befindet sich derzeit in einem frühen Stadium der Erprobung am Menschen, wobei dieser sowohl allein als auch in Kombination mit immunstärkenden Medikamenten an Patienten getestet wird.

 

Die Versuche sind ein grosser Schritt für Derouazi, die sich erstmals während ihrer Postdoc-Zeit mit Krebsimpfstoffen beschäftigte. Sie meldete 2012 ein Patent für die Plattform an, als sie an der Universität Genf arbeitete, und gründete das Spin-out-Unternehmen AMAL Therapeutics, um sie zu entwickeln und zu vermarkten. Belnoue war ihre erste Mitarbeiterin. Im Juli 2019 erwarb das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim AMAL Therapeutics für 425 Millionen Euro, seinerzeit der grösste Verkauf eines Biotech-Unternehmens in Europa.

 

Der Europäische Erfinderpreis ist einer der renommiertesten Innovationspreise Europas und wird jährlich an herausragende Erfinder aus Europa und darüber hinaus verliehen.

 

Derouazi und Belnoue werden in den europäischen Patenten EP3270957B1 (erteilt 2020), EP3270955B1 (erteilt 2020) und EP2895499B1 (erteilt 2019) als Erfinder genannt.